Nähen auf dem nächsten Level

Bernina feiert dieses Jahr sein 130-jähriges Bestehen. Bevor wir die aktuellen Herausforderungen und Potenziale anschauen, lohnt sich ein kurzer Blick in die traditionsreiche Vergangenheit. Eine erste Hochblüte hatte das Schweizer Unternehmen mit Sitz in Steckborn in den 40er- bis 60er-Jahren, als Hunderttausende Nähmaschinen die ehrwürdige Fabrik in Steckborn verliessen. Die Nähmaschine war eine von zahlreichen neuen Haushaltshelfern und erfreute sich grosser Beliebtheit. Im Nähen mit einer Bernina lag ein ökonomischer Anreiz, der viele Hausfrauen überzeugte: Flicken oder Selbermachen war günstiger als der Kauf der damaligen Mode. Zudem sparte man mit den elektrifizierten Maschinen einiges an Nähzeit.

Daseinsberechtigung heute

Wie kann sich ein Nähmaschinenunternehmen in der heutigen Zeit behaupten und konstant profitable Ergebnisse erzielen? Die Inhaberfamilie setzte schon früh auf internationale Expansion, namentlich auf dem amerikanischen Kontinent, wo heute ein Grossteil des Umsatzes erzielt wird. Doch wie sieht es im Heimmarkt Schweiz aus?

Die Marke Bernina erarbeitete sich in den vielen Jahrzehnten ihres Bestehens eine enorme Bekanntheit. Ihr wird dank Präzision, Langlebigkeit und Kundennähe viel Sympathie entgegengebracht. Heute ist Bernina ein Schweizer Kulturgut! Das liegt unter anderem an der selektiven Distribution über einen zertifizierten Monomarken-Fachhandel, der eine konstant hohe Qualität gewährleistet. Kund*innen werden in der Schweiz von geschultem Personal fernab von der Discountermanie mit solidem Fachwissen und kreativ beraten. Die Partnerschaft zwischen Hersteller und Fachhandel besteht schon seit Jahrzehnten. Kundenbeziehungen werden auch persönlich gepflegt. Dazu zählen speziell zertifizierte Werkstätten direkt vor Ort, die nahe beim Kunden sind.

Seit einigen Jahren verfolgt Bernina Schweiz konstant die Strategie, als Hersteller direkt mit Kund*innen zu interagieren. Die verschiedenen Informationskanäle und die stark gewachsene Professionalisierung in der Kommunikation gehen mit den Ansprüchen der kreativen Näh-Community einher. Das Schweizer Marketingteam ist mehrsprachig und entwickelt die nationalen Kampa­gnen, die zudem ausserhalb der Schweiz für Beachtung sorgen. Die tägliche Kommunikation über die sozialen Medien ist unverzichtbar geworden. Auch der Versand von Newslettern auf der Basis der eigenen Kundendaten ist ein Kernelement für die Durchdringung der Zielgruppe.

Glaubwürdiges Storytelling als Schlüssel

Das Erfolgsrezept bei der Kommunikation ist das Storytelling. Es geht also nicht nur darum, über Produkte und Features zu sprechen, sondern darüber hinaus relevante Themenfelder zu identifizieren, an die das Produkt anknüpfen kann. Eine Traditionsmarke muss, wenn sie relevant bleiben will, zeitgenössische Strömungen, Trends und die gesellschaftlichen Verhältnisse aufnehmen und passende Beiträge leisten können sowie einen Mehrwert bieten oder zumindest eine klare Haltung entwickeln, sei das vorerst nur sinnstiftend oder emotional. Bernina hat einige Themenfelder herausgeschält, die nun konstant bearbeitet werden. «Das Storytelling wird zum Storydoing», erläutert Dimitri Kugler, Marketingleiter von Bernina Schweiz. «Wir veranstalten Crowd-Sewing-Events zur Unterstützung von armutsbetroffenen Menschen zusammen mit der Schweizer Berghilfe, statten Kostümateliers von Theatern und Musicals mit Nähmaschinen aus, starten periodisch internationale Initiativen wie Nähmaschinenspenden auf der ganzen Welt und eröffneten zusammen mit Hannes Schmid, einem bestens bekannten Schweizer Entwicklungshelfer und Gründer von Smiling Gecko, eine Nähschule in Kambodscha.» Alle Projekte liefern wertvollen Content, über den grenzenlose Kreativität und Freude am Nähen transportiert wird.

Auf eigenen Plattformen wie dem Bernina-Blog gibt Bernina kostenlose Anleitungen zum Selbernähen. Upcycling ist hier das grosse Thema und kann als Vorschlag zur Lösung der globalen Herausforderung hinsichtlich der schnelllebigen Modeindustrie mit ihren Kollateralschäden verstanden werden.

Der Stoff, aus dem die Nähträume sind

Die Nähmaschine ist das eine, der Stoff, aus dem die Nähträume sind, das andere. Die Hardware kauft man einmal, das Textil für die eigenen Projekte mehrmals. Ein attraktives Stoffsortiment lockt Kund*innen immer wieder in den Laden und sorgt für Frequenz. Dabei fördert Bernina – aus Überzeugung – gerade in den eigenen Bernina-Stores nachhaltige Stoffe mit Zertifizierungen.

Letztes Jahr lancierte Bernina Schweiz erfolgreich die erste Modekollektion zum Selbernähen. Dieses Jahr folgt die Fortsetzung mit einem international bekannten, multikulturellen Jungdesigner. Dimitri Kugler: «In enger Zusammenarbeit mit unserem neu gegründeten Bernina-Atelier-Team entstehen modische Stücke, die mit innovativen Bernina-Maschinen leicht umgesetzt und je nach Level individuell verfeinert werden können, zum Beispiel mit Stickereien. Die Kundenreise haben wir im Voraus geplant. Die Community wird inspiriert und zum Nachnähen motiviert, kauft sich Schnittmuster und Stoff, geht in einen Nähkurs und freut sich über den Erfolg.» Dabei stellt Bernina das Nähen in die Themenwelt der nachhaltigen, selbst genähten Mode und lädt die Marke mit Relevanz, Attraktivität, Individualität und Zeitgeist auf.

Elementarer Bestandteil der diesjährigen Kollektion werden nachhaltige Stoffe sein. Hervorzuheben ist hier insbesondere die Ethical Fashion Initiative, welche in Afrika nachhaltige, handgewebte Stoffe produziert. Ebenfalls zu erwähnen ist Manteco Fabric Collections, ein italienischer Textilproduzent, welcher nach globalen Standards Wolle recycelt und in luxuriöser sowie nachhaltiger Qualität anbietet.

Bernina arbeitet im Marketing mit nachhaltigen Partnern zusammen, die zur Marke und zu ihrem Engagement passen, und legt einen zusätzlichen Fokus auf die kreative Multikulturalität in Design, Form und Farbe. Ziel des Bernina-Teams ist es, dass die neuen Fashion-Looks, welche der Schweizer Community zum Nachnähen angeboten werden, im Herbst 2023 an der Mode Suisse, der Werkschau der Schweizer Mode, im Kunsthaus Zürich auf dem Laufsteg präsentiert werden.