Ein schmaler Grat zwischen Problemen und Potenzial

Chinas Wirtschaft wuchs letztes Jahr drei Prozent − eine so tiefe Wachstumsrate ist wohl eher eine Seltenheit für die chinesische Wirtschaft in den kommenden Jahren. 2023 wird ein starker Aufschwung nach der Abschaffung der Pandemierestriktionen erwartet. Auch mittel- bis längerfristig wird China, und damit Asien, laut des Internationalen Währungsfonds (IWF) die höchsten realen Wachstumsraten vorweisen können.

Die einzige Region, die mit Asien mithalten kann, ist Afrika. Äthiopien, Tansania oder die Demokratische Republik Kongo beispielsweise werden gemäss IWF-Vorhersagen im Schnitt über sechs Prozent pro Jahr wachsen. Allerdings gestaltet sich der Marktzugang schwierig, auch in Bezug auf FX-Märkte. Kapitalmärkte in Afrika sind oft unterentwickelt, die Liquidität lokaler Währungen ist gering, und Instrumente zur Währungsabsicherung existieren nicht oder sind nur für begrenzte Laufzeiten verfügbar. Dies erschwert Investitionen und den Warenverkehr zusätzlich zu den sonstigen administrativen, politischen und institutionellen Schwierigkeiten im Umgang mit afrikanischen Opportunitäten.

Natürlich gibt es starke Unterschiede zwischen den Ländern. Manche haben einen Platz in den «Frontier»-Märkten ergattert, das heisst in denjenigen Ländern, die die Grenze des an Finanzmärkten investierbaren Universums darstellen. Aber das Leben an der Grenze ist rau aus der FX-Perspektive. Die nigerianische Naira war im ersten Halbjahr 2022 zunächst stabil gegen den US-Dollar, zeigte dann aber erratische Kursverluste. Der Parallelmarkt und die Termingeschäfte deuten auf zusätzliche starke Kursverluste oder eine potenzielle Abwertung hin.

Ägypten hat seine Währung drei Mal im Laufe der letzten zwölf Monate abgewertet, was das ägyptische Pfund nominell nur noch ungefähr halb so viel wert sein lässt wie vor einem Jahr. Hinter diesen Abwertungen verbirgt sich aber auch das Vorhaben, von der Dollaranbindung abzukommen und den Pfundwechselkurs flexibler zu gestalten – eine Kernforderung des IWF, der mit der ägyptischen Regierung letztes Jahr ein neues Programm aufgesetzt hat. Ein Pfundkurs, der die wirtschaftlichen Gegebenheiten sowie Angebots- und Nachfrageverhältnisse besser darstellt, sollte mittelfristig den Handel mit Ägypten erleichtern. Das bisherige FX-System hat seine Limitationen mit dem sich jetzt lösenden Importrückstau deutlich gezeigt.

Südafrika verfügt über einen tiefen lokalen Kapitalmarkt sowie eine hochgeachtete Zentralbank, und der südafrikanische Rand dient Investoren dazu, Meinungen auf Schwellenländer generell auszudrücken. Aber auch in Afrikas am weitesten industrialisierter Volkswirtschaft ist das Schwellenland noch deutlich erkennbar: Mangelnde Stromerzeugung lässt weite Teile des Landes regelmässig im Dunkeln, und das Transport­system ist marode, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Aktivität. Aus den Problemen erwachsen aber auch Chancen: Selbsterzeugung von Elektrizität und ein Ausbau des Stromnetzes sind Stichpunkte, die europäischen Unternehmen bekannt vorkommen sollten. Wenn der Rand ins Spiel kommt, sollte man aber die Entwicklungen an den globalen Finanzmärkten im Blick haben, die oft mehr Einfluss auf die Währung haben als die lokalen Gegebenheiten.