Insolvenzen in Deutschland: Die Rechnung kommt zum Schluss

Sinkende Zahl der Insolvenzen im Jahr 2020 trotz der schwersten Rezession
Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 15 840 Unternehmen zahlungsunfähig. Dank massiver staatlicher Unterstützung ist das der niedrigste Stand seit 1993 und der stärkste Rückgang (–15,5 Prozent gegenüber 2019) seit 1975. Während die Zahl der Unternehmenspleiten in elf Branchen zurückging, gab es zwei Aus-nahmen: Im Metallsektor stiegen die Insolvenzen im vergangenen Jahr um 7,1 Prozent, der Anstieg im Automobilsektor betrug 31,6 Prozent. Die Zuwächse in diesen Branchen haben die Gesamtstruktur der Insolvenzen in Deutschland jedoch nicht verändert: Der Grossteil der Unternehmenspleiten kommt nach wie vor aus den Bereichen Unternehmensdienstleistungen, Bau, Gastgewerbe sowie Einzelhandel und Transport. Auf die Metallindustrie entfielen im Jahr 2020 nur 3 Prozent aller Insolvenzen, auf die Automobilindustrie gerade einmal 0,5 Prozent.

Aufschlüsselung Insolvenzen nach Branchen (2020)


(Quellen: Destatis, Coface)

Insolvenzforderungen: Der Schein trügt
Angesichts der niedrigen Insolvenzzahlen und der massiven staatlichen Stützungsmassnahmen könnte man meinen, dass Deutschland im Hinblick auf Unternehmenspleiten sehr gut dasteht. Doch der Schein trügt. Denn die reine Zahl gibt keine Auskunft über den wirtschaftlichen Schaden. So berichtet das Statistische Bundesamt, dass sich die zu erwartenden Forderungen aus Insolvenzen im Jahr 2020 auf 43,5 Mrd. Euro summieren. Das ist der höchste Stand seit 2009 und im Vergleich zu 2019 eine Steigerung um 65 Prozent.

Bis zu 4030 Pleiten in der Pipeline
Laut einer Simulation des Kreditversicherers Coface hätten die Gesamtinsolvenzen im Jahr 2020 auf Grundlage des Konjunktureinbruchs um 6 Prozent gegenüber 2019 ansteigen müssen. In der Realität sind sie um 15,5 Prozent gesunken. Daher könnte ein Anteil von bis zu 21,5 Prozent (bzw. 4030 Insolvenzen) in der Pipeline stecken und sich noch 2021 bzw. 2022 materialisieren. Das Gros dürfte aus dem Gastgewerbe kommen, wo wir bis zu 660 «versteckte» Insolvenzen erwarten, gefolgt von Transport und Bau mit jeweils bis zu 420, dem verarbeitenden Gewerbe (230) und dem Einzelhandel (190).

Veränderungen Insolvenzen 2020 zu 2019


(Quellen: Destatis, Coface-Schätzungen)

Und 2021? Steigender Insolvenzschaden
Im Vergleich zu den letzten fünf Monaten des Jahres 2020 ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2021 teils kräftig gestiegen (+14 Prozent). Im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres liegen die Insolvenzen noch immer 19 Prozent niedriger. Aussagekräftig ist allerdings weniger die Anzahl der Insolvenzen als vielmehr der Schaden, der dadurch verursacht wird. Das Statistische Bundesamt meldet einen Umfang der Forderungen aus Insolvenzen von fast 27 Mrd. Euro in den ersten fünf Monaten des Jahres 2021. Das sind 96 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres (vgl. oben), und 2020 war, wie bereits erwähnt, schon das teuerste Jahr seit 2009. Kurzum: Es bleiben zunächst wenige Insolvenzen, aber dafür grosse.