Südostasien ist eine dynamische Wachstumsregion und dürfte in Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle in der Weltwirtschaft spielen. Seit dem Jahr 2000 hat sich das reale Bruttoinlandsprodukt der Region annähernd verdreifacht, und auch für die kommenden Jahre wird mit hohen Wachstumsraten gerechnet. Wichtiger Treiber der Wachstumsdynamik ist die zunehmende Integration in globale Wertschöpfungsketten. Die Diversifizierung dieser Lieferketten könnte die Attraktivität der Region als Produktionsstandort noch weiter erhöhen. Die Direktinvestitionen von Schweizer Firmen von heute über 80 Milliarden Franken widerspiegeln diese Dynamik. Die Präsenz von Schweizer Firmen ist grundsätzlich sehr divers und reicht von Banken und Versicherungen, der Pharmabranche über den Nahrungsmittelsektor, das Manufacturing und die Elektronikbranche bis zum Handel mit Agrargütern und Rohstoffen.
Im Sinne der Stärkung der Resilienz der Schweizer Wirtschaft durch geografische Diversifizierung kommt der Region künftig für die Schweiz eine noch bedeutendere Rolle zu. Deshalb hat der Bundesrat 2023 seine erste Südostasienstrategie erarbeitet. Um das Wirtschaftspotenzial der Region unseren Firmen noch besser zugänglich zu machen, strebt die Schweiz eine Verbesserung des Marktzugangs an – insbesondere über Freihandelsverträge. Die Schweiz hat bereits Freihandelsabkommen mit den ASEAN-Staaten Singapur (2003), den Philippinen (2018) und Indonesien (2021) abgeschlossen. Gegenwärtig verhandeln wir zusammen mit den anderen Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) solche Abkommen mit Malaysia, Thailand und Vietnam.
Ein Meilenstein ist weiter das Digital Economy Agreement zwischen der EFTA und Singapur. Mitte Februar 2023 lancierten wir zusammen mit Singapur die Verhandlungen. Sowohl Singapur als auch die EFTA-Staaten streben ein ambitioniertes Digitalabkommen an. Es sollen nach Möglichkeit alle zentralen Bestimmungen, die derzeit Eingang in digitale Handelsabkommen finden, berücksichtigt werden. Die Verhandlungen laufen und sind weit fortgeschritten.
Die Region steht indes vor namhaften Herausforderungen, die sich auch auf Schweizer Unternehmen auswirken können. Es herrscht ein ausgeprägtes Wohlstandsgefälle zwischen den einzelnen Ländern Südostasiens. Dieses schlägt sich in der Wirtschaftsstruktur nieder. Während beispielsweise Singapur eine moderne Dienstleistungsmetropole ist, lebt die Mehrheit der Menschen in Laos bis heute von der Subsistenzlandwirtschaft. Eine grosse Lücke zeigt sich bei der Infrastruktur: Überlastete Strassen, eine lückenhafte Energieversorgung und eine teilweise veraltete Kommunikationsinfrastruktur verursachen wirtschaftliche und gesellschaftliche Kosten. Und schliesslich ist kaum eine andere Weltregion stärker vom Klimawandel betroffen als Südostasien. Rund 100 Millionen Menschen leben in Küstengebieten und sind damit besonders verwundbar für Naturgefahren. Ohne die Bewältigung dieser und weiterer Herausforderungen droht Südostasien die bei Schwellenländern zuweilen auftretende Wachstumsfalle (Middle-income trap): Nach ersten Entwicklungserfolgen tritt dabei eine Stagnation ein, weil trotz allmählich steigender Produktionskosten die internationale Wettbewerbsfähigkeit begrenzt bleibt.Deshalb unterstützt das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) in Südostasien die zwei Schwerpunktländer Vietnam und Indonesien bei ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Wir unterstützen Vietnam bei der Realisierung eines marktorientierten und nachhaltigen Wachstums. Indonesien unterstützen wir bei den Bemühungen um mehr Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz. Das trägt dazu bei, dass Südostasien eine dynamische Wachstumsregion und somit ein verlässlicher Teil der globalen Wertschöpfungsketten bleibt.