Vom Bauchgefühl zur China-Strategie

Am Anfang stand 1980 die Vision der Schweizer Drogisten Walter Greminger, Herbert Marty und Armin Späni, die Kraft von Mensch und Natur zu vereinen und die Homöopathie der breiten Masse zugänglich zu machen.

Die internationale Expansion beginnt früh

Obwohl das Unternehmen im aargauischen Jonen verwurzelt ist, hegten schon die Gründer – allen voran Herbert Marty – den grossen Wunsch, die Produkte dereinst im Ausland zu vertreiben – vor allem in den USA, die damals als «Land der unbegrenzten Möglichkeiten» galten und für den globalen wirtschaftlichen Aufschwung standen. Mittlerweile vertreibt Similasan seine Produkte in rund zwanzig Ländern. 85 Prozent des Herstellungsvolumens gehen ins Ausland.

Bei der Internationalisierung ging das Unternehmen behutsam voran. Zunächst etablierte es sich quasi in der «Nachbarschaft» – in Holland und Österreich. Erst dann folgte der Schritt in die USA. Zu den Risiken der Expansion sagt CEO Urs Lehmann: «Die Internationalisierung ist für jedes KMU ein grosser Schritt – verbunden mit vielen Unbekannten.» Dabei spricht er von «unbekannten Marktgegebenheiten, Eintrittsgebühren durch Pharma-Regulierung und dem fehlenden direkten Kontakt zu den Absatzmärkten». So seien vertrauensvolle Partner und ein politisch stabiles System die wichtigsten Voraussetzungen, um den Schritt zu wagen.

Similasan setzte dabei auf zwei unterschiedliche Vorgehensweisen. Während in den USA und in Holland Tochtergesellschaften etabliert wurden, arbeitet das Unternehmen in den übrigen Ländern mit Distributionspartnern zusammen. Thomas Lambert, CCO International Markets, sagt: «So können wir die Investitionskosten vergleichsweise tief halten – und auf bestehende Einrichtungen und Arbeitsabläufe zurückgreifen.» Gleichzeitig gehen aber Selbstbestimmung und Flexibilität verloren. Deshalb müssen die Partnerschaften sorgfältig ausgewählt und regelmässig analysiert werden.

Der lateinamerikanische Markt wurde strategisch evaluiert

Geht es um ein spezielles Produktsegment wie homöopathische Medizin, ist die Marktanalyse besonders wichtig. Ein reflektierter strategischer Entscheid war die Expansion nach Südamerika. Vor rund zehn Jahren wurde zusammen mit Switzerland Global Enterprise (SGE), welche Schweizer Unternehmen bei der Exportförderung berät, eine ausgiebige Marktanalyse zur Expansion nach Südamerika vorgenommen.

Lehmann: «Dort ist der homöopathische Markt bereits stark entwickelt. Allein Brasilien zählt rund 2000 homöopathische Apotheken.» Gleichzeitig existiere im Bereich der Augengesundheit praktisch keine Konkurrenz. Allerdings mahlen die Mühlen der südamerikanischen Bürokratie unterschiedlich schnell (oder langsam). Lambert erinnert sich: «Es dauerte zwischen drei und neun Jahre, bis unsere Produkte in verschiedenen Ländern in Lateinamerika zugelassen wurden.»

Jüngstes Geschäftsfeld: Asien

Nach Südamerika rückte Asien in den Fokus von Similasan – und damit der grösste globale Absatzmarkt China. Dank dem internationalen Online-Handel (Cross-Border E-Commerce) eröffnete sich die Möglichkeit, die Similasan-Produkte in China über die grössten chinesischen Online-Plattformen einem Milliardenpublikum zugänglich zu machen. Dass das bevölkerungsreichste Land der Erde mit dem Programm «Gesundes China 2030» einen grossen Fokus auf die Gesundheitspolitik lenkt, spielte den Schweizern in die Karten.

Das gute Image, das Schweizer Produkte in der Welt geniessen, ist für Similasan ein Vorteil. CCO Lambert führt aus: «Wir stehen für Swissness und leben dafür.» Man müsse allerdings differenzieren: «Aus Kundensicht ist Swissness in lateinamerikanischen Ländern oder in China wichtiger als beispielsweise in den USA. Deshalb wird auf Verpackungen in Südamerika und in China bewusst das Schweizerkreuz platziert.» In China musste dafür der Markenname in ähnlich klingende chinesische Schrift umgeschrieben werden. So bedeutet «Similasan» auf Chinesisch nun [xuě][lán][shān] – «Schnee, Nebel in den Bergen, Pinie». Dass man sich gleichwohl für China als ersten asiatischen Absatzmarkt entschieden habe, lag einerseits am riesigen Potenzial, andererseits auch an der Zusammenarbeit mit einem Distributionspartner, der sowohl die europäische als auch die chinesische Kultur gut versteht.

Die Pläne gehen weiter

Heute beschäftigt Similasan rund 140 Mitarbeitende. Der Grossteil davon ist in Jonen angestellt, dreissig im Ausland. Dennoch strahlt das internationale Geschäft bis an den Hauptsitz in der Schweiz aus. Lehmann sagt, dass bei einer steigenden Internationalisierung immer mehr Fachspezialisten gebraucht werden, um diese Exportstrategie aufrechtzuerhalten: «Je mehr Länder wir beliefern, desto grösser werden Einfluss und Anforderung in der Zentrale.»

Der internationale Expansionskurs des Schweizer KMU Similasan ist noch nicht zu Ende. Der Ausbau des Asien-Geschäfts stellt einen Schwerpunkt in der Strategie dar, anderseits die Erschliessung von Märkten wie Deutschland, Frankreich und Grossbritannien. Dabei spielt selbstredend der emotionale Faktor immer eine wichtige Rolle. Wenn Similasan-Produkte, hergestellt von einem KMU im Kanton Aargau, beispielsweise in allen Walmart-Geschäften in den USA erhältlich sind, sei dies ein Leistungsausweis für das ganze Unternehmen. Und wo geht die Reise als Nächstes hin? Lambert sagt: «Eine Vision ist die Distribution in Australien.» Oder wie es der neue König von Grossbritannien, Charles III., einmal sinngemäss gesagt hat: «Wenn du weiterkommen willst, musst du nach Australien gehen.»