39 Prozent sind längerfristig nicht tragbar

Am 7. August trat ein Zollsatz von 39 Prozent auf alle nicht ausgenommenen physischen Güter in Kraft, die aus der Schweiz in die Vereinigten Staaten exportiert werden. Die Einführung eines 39-Prozent-Zusatzzolls auf Schweizer Produkte hat viele international tätige KMU überrascht und trifft vor allem stark exportorientierte Branchen wie die MEM-Industrie, die Medizinaltechnik, Uhren und verarbeitete Agrarprodukte, um einige zu nennen.

Nach Angaben des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) sind derzeit etwa 10 Prozent der Schweizer Warenexporte von den US-Zusatzzöllen betroffen. Die im Anhang II aufgeführten Waren sowie Pharmaprodukte sind von der Massnahme ausgenommen. Allein auf Pharmaprodukte entfallen mehr als 60 Prozent der Schweizer Warenexporte in die Vereinigten Staaten. Dienstleistungen sind ebenfalls nicht direkt betroffen.

Je nachdem können strukturelle Faktoren die Auswirkungen mildern. Unternehmen, die können, stellen um und bedienen den US-Markt von den Vereinigten Staaten aus selbst oder von Drittländern mit günstigeren Zollbedingungen (z. B. der EU oder Japan). Produkte können teilweise in Software (Dienstleistungen) und Hardware aufgeteilt werden. Einige Unternehmen haben in den USA ausreichende Lagerbestände für mehrere Monate aufgebaut, während andere von einem Quasimonopol profitieren. Es ist wichtig zu beachten, dass Zölle auf den Zollwert und nicht auf den Verkaufspreis berechnet werden. Schliesslich bleibt die geografische Diversifikation, die durch das breite Netz von Schweizer Handelsabkommen ermöglicht wird.

Für Unternehmen, die nicht ausgenommene physische Güter direkt aus der Schweiz in die Vereinigten Staaten exportieren, ist ein Zollsatz von 39 Prozent jedoch langfristig nicht tragbar. Einige haben den Export bereits eingestellt. In der Schweiz leiden Regionen mit einem grossen Industrieanteil und einem bedeutenden US-Exportanteil am meisten.

Was den derzeit ausgenommenen Pharmasektor betrifft, bleibt die Unsicherheit aufgrund der laufenden Untersuchungen zur nationalen Sicherheit gemäss Section 232 zu Pharmaprodukten und Executive Order der Trump-Regierung zur Preisgestaltung für verschreibungspflichtige Medikamente (Most-Favored-Nation Prescription Drug Pricing Executive Order) bestehen.

In der Schweiz haben Bürokratie und Regulierung in den letzten zehn Jahren signifikant zugenommen. Das hindert das Wirtschaften und wirkt wie eine versteckte, zusätzliche Steuer, welche die Unternehmen und die Bevölkerung belasten. Zusätzliche Regulierungen erfordern zusätzliche Personen in der Verwaltung, die deren Einhaltung überwachen. Und so weiter.

Darüber hinaus muss die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene überprüft werden, da sie europäische Unternehmen gegenüber US-amerikanischen, chinesischen und anderen globalen Konkurrenten erheblich benachteiligt. Prosperität kommt auch von Innovation. Die Schweiz muss unbedingt ihre Technologieoffenheit behalten, um weiterhin führend in Zukunftsbereichen wie Robotik, Mikrotechnik und künstlicher Intelligenz zu sein. Die Hoffnung ist, dass dieser 39-Prozent-Schock als Katalysator für Reformen wirkt – Reformen, die in unseren eigenen Händen liegen.

Wie geht es nun weiter in der Zolldiskussion mit den USA? Die gemeinsamen Gespräche wurden wieder aufgenommen mit dem Ziel, eine dauerhafte Senkung der Zollsätze für Schweizer Waren zu erreichen. Die Schweiz hat ihr Angebot an die Vereinigten Staaten «optimiert», und nun wird es verfeinert. Ob und wann das zu niedrigeren Zöllen führt, ist ungewiss – ich für meinen Teil werde mich mit Prognosen zurückhalten.

Die Schweizerisch-Amerikanische Handelskammer hat 1500 Mitglieder. 70 Prozent sind Schweizer Firmen, 30 Prozent amerikanische Unternehmen jeglicher Grösse und ohne sektorspezifischen Fokus. Unsere Mission ist es, diese multinationalen Unternehmen zu unterstützen und sicherzustellen, dass die Schweiz der führende Standort für Schweizer, US-amerikanische und globale Investitionen bleibt. Wir konzentrieren uns darauf, die starken Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten zu fördern. Wir setzen uns für vorteilhafte Rahmenbedingungen ein und verfolgen die zentralen Entwicklungen in den Bereichen Steuern, Handel und internationale Politik.