Afrika im Wandel – Zeit, sich dem Kontinent anzunehmen

Ein grosser, vielfältiger und junger Kontinent

Der afrikanische Kontinent ist flächenmässig grösser als China, die USA, Indien, Mexiko, Japan und ein Grossteil von Europa zusammen, besteht aus 54 Ländern und zählt 1,2 Milliarden Menschen. Das Durchschnittsalter beträgt 18 Jahre (zum Vergleich: in Europa sind es 42 Jahre). Bis 2050 entfallen über 50 Prozent des globalen Bevölkerungswachstums auf Subsahara-Afrika. Weltweit wird im Jahr 2050 jede vierte Person in Afrika zu Hause sein, mit einem hohen Urbanisierungsgrad und mit 90 Städten mit mehr als einer Million Einwohner*innen. Global befinden sich 60 Prozent der unbewirtschafteten fruchtbaren Landflächen auf dem Kontinent. Unter der Erde liegen 90 Prozent der bekannten Platinvorkommen der Welt, 40 Prozent aller Gold- und 15 Prozent der Erdölvorkommen sowie substanzielle Anteile von weiteren seltenen Metallen. Je nach Land werden ein Drittel bis zwei Drittel der Wertschöpfung in der verarbeitenden Industrie im informellen Sektor geleistet, und die Industrialisierung ist in weiten Teilen noch am Anfang.

Schweizer Präsenz in Afrika

Laut offiziellen Zahlen, welche der Swiss-African Business Circle in seinem jährlichen Bericht «Swiss-African Business Relations – Status Quo» zusammenfasst, liegt die Bedeutung des afrikanischen Kontinents für die Schweizer Wirtschaft im globalen Kontext gemäss vielen Indikatoren irgendwo zwischen zwei und sechs Prozent. In der Schweiz ansässige Firmen beschäftigen 145 000 Mitarbeitende in ca. 500 verschiedenen Unternehmen auf dem Kontinent. Die Schweiz hat einen festen Platz unter den 15 grössten Investoren, mit bedeutender Präsenz in wichtigen Sektoren wie Logistik, Gesundheit, Agribusiness, Handel oder dem Bergbau. Die Bedeutung der Schweizer Banken in Afrika hat in den letzten Jahren stark abgenommen, jedoch sind verschiedene grosse, in der Schweiz ansässige Impact-Investoren sehr aktiv. Traditionell sind Schweizer Firmen vor allem präsent in Südafrika, Ägypten, Marokko, Tunesien, in der Elfenbeinküste und in Nigeria. Von diesen Hubs aus gewinnen aber auch die umliegenden Länder immer mehr an strategischer Bedeutung. Ein Anzeichen dafür ist, dass viele Unternehmen dabei sind, gesamtheitliche Firmenstrategien für den Kontinent aufzugleisen.

Starke Verflechtung der Schweizer Wirtschaft in Afrika

Es gibt starke Indizien dafür, dass mit den offiziell verfügbaren Zahlen die Bedeutung von Afrika für die Schweizer Wirtschaft unterschätzt wird. Viele Entscheidungen, die massgeblich von Leuten getroffen werden, die irgendwo zwischen Genfersee und Bodensee und zwischen Basel und Chiasso beheimatet sind, erscheinen nirgends in den Statistiken. Werden Waren aus der Schweiz beispielsweise via Logistikzentren in Europa nach Afrika exportiert, werden diese nicht als Schweizer Exporte erfasst. Und oft werden die Kund*innen direkt aus Fabriken im globalen Süden beliefert, die Fäden laufen aber in der Schweiz zusammen. Dasselbe gilt für Importe, beispielsweise Kakaobutter aus Westafrika, welche in unserer Statistik als von den Niederlanden importiert aufgeführt wird, da die Zwischenverarbeitung dort stattfindet, oder für das Gas aus Algerien, welches via Pipelines durch Italien zu uns kommt.

Das Afrika-Know-how in Schweizer Unternehmen ist gross und vielfältig, aber wie überall in einer KMU-Landschaft stark zersplittert. Mit dem Swiss-African Business Circle versuchen wir, den Austausch unter den Afrika-Expert*innen innerhalb der Firmen zu fördern und visibler zu machen.

Herausforderungen und Chancen für Schweizer Firmen

Die Herausforderungen in Afrika sind vielfältig (und die Kosten hoch), angefangen mit der an vielen Orten relativ schlechten Infrastruktur, den fragmentierten Märkten oder der Schwierigkeit, qualifizierte Mitarbeitende zu finden, um einige zu nennen. Hinzu kommen grosse Währungsschwankungen, knappe Devisenreserven oder mit vielen Ländern fehlende bilaterale Rahmenbedingungen wie Freihandels-, Investitionsschutz- und Doppelbesteuerungsabkommen. Es gibt aber auch sehr gute Gründe für Schweizer Firmen, sich vermehrt für den Kontinent, von vielen als letzten «Emerging Market» bezeichnet, zu interessieren. Nebst den bereits erwähnten Rohstoffen, dem rasanten Bevölkerungswachstum oder den Wachstumsraten in den letzten zehn Jahren (zugegebenermassen auf tiefem Niveau) hat die Schweiz ein äusserst positives Image in Afrika, nicht zuletzt dank der Absenz einer kolonialen Vergangenheit. Der Kontinent liegt mehrheitlich in derselben Zeitzone wie die Schweiz. Die Geschäftsmentalität in den Ballungszentren ist der europäischen nicht unähnlich. Die Mehrsprachigkeit der Schweiz wird geschätzt.

Neue afrikanische Freihandelszone als Gamechanger

2021 wurde die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) lanciert, die weltweite grösste Freihandelszone. Es ist das mit Abstand wichtigste wirtschaftspolitische Projekt der letzten Jahrzehnte, welches höchste politische Priorität geniesst und die Art des Geschäftens im und mit dem Kontinent dauerhaft verändern wird. Das Abkommen vereinfacht vor allem die zollrechtlichen Bestimmungen. Bis 2026 sollen die innerafrikanischen Zölle auf 90 Prozent der Handelswaren wegfallen. Nicht afrikanische Unternehmen können von den Begünstigungen profitieren, wenn sie auf dem Kontinent produzieren. So schafft das Abkommen einen Anreiz, Afrika nicht nur als Absatzmarkt, sondern auch als Produktionsstandort zu erschliessen. Das Agreement wird den historisch tiefen innerafrikanischen Handel mit Waren und Dienstleistungen massiv ankurbeln und den Ausbau von produktiven Kapazitäten in den Regionen ermöglichen. Das wird sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken und unter anderem die Nachfrage nach modernen Technologien und Lösungen erhöhen.

Seit einiger Zeit pflegt der Swiss-African Business Circle regen Austausch mit wirtschaftlich relevanten, panafrikanischen Institutionen, um den Dialog mit den Mitgliedsfirmen und der erweiterten Swiss-African Business Community zu fördern und die Institutionen den Firmen näherzubringen. Dieses Jahr sind verschiedene Aktivitäten geplant, und bereits vor zwei Jahren war die African Export-Import Bank (Afreximbank) Host-Partner des Africa Business Day.

Africa Business Day
Dienstag, 20. Juni 2023, Trafo Baden und virtuell

Der Swiss-African Business Circle (SABC) organisiert am 20. Juni 2023 unter dem Patronat des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) seinen jährlichen Hauptanlass, wiederum in hybridem Format und dieses Jahr mit dem Schwerpunktthema «ESG (Environmental, Social, Governance)». Mit ca. 30 Präsentationen, inklusive Breakout-Sessions zu den SABC-Prioritätssektoren Agribusiness, Gesundheit und Infrastruktur.

Es werden ca. 250 bis 300 Teilnehmer*innen vor Ort in Baden sowie virtuell Teilnehmende aus über 30 Ländern erwartet. Mithilfe einer digitalen Eventplattform wird es möglich sein, während und nach dem Anlass bilaterale physische und virtuelle Meetings mit anderen Teilnehmenden zu organisieren.

Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt. Mitglieder von swiss export können zu einem reduzierten Partnertarif teilnehmen. Programmübersicht, Anmeldung (Member of a Partner Organization) und weitere Infos unter https://sabc.ch/africa-business-day.